Erfahrungsbericht von Rechtsreferendar Jochen Birk
Ich bin dazu
verpflichtet bei meiner Dienststelle einen Erfahrungsbericht abzugeben. Diese
Seite wird bei meiner Rueckkehr nach Deutschland bei der Referendarabteilung
des OLG Frankfurt/Main hinterlegt werden.
Ausbildungsstelle: Browne Linkenbagh Solicitors
Rechtsanwalt Darryl Browne
Leura NSW 2780
Tel.: +61 (0) 2 4784 2177
Fax: +61 (0) 2 4784 2145
Email: dibrowne@lisp.com.au
Homepage: www.browne-link.com.au
Ausbildungsdauer: 01.05.2002 – 30.08.2002
Oertliche Gegebenheiten:
Die
Kanzlei befindet sich in Leura, ca. 100 Kilometer westlich von Sydney im Herzen
der Blue Mountains voller Eukalyptuswaelder. Es arbeiten dort 2 Rechtsanwaelte,
6 Mitarbeiterinnen und tageweise 2 Jurastudentinnen. “Hauptstadt” der Blue
Mountains ist Katoomba mit ca. 12.000 Einwohnern, an welche sich das kleinere
Leura anschliesst. Der Ort ist von Sydney aus mit der Bahn direkt erreichbar,
jedoch empfiehlt es sich gerade fuer groessere Unternehmungen aufgrund der
grossen Entfernungen ein Auto zu haben (Details siehe unten). Man braucht ca.
1,5 Stunden mit dem Auto von Sydney, wobei die Autobahn bis zum Berganstieg
mehrspurig ausgebaut ist.
Arbeitsbereich und
Aufgabengebiet:
Den
deutschen Referendaren wird ein eigenes kleines Buero mit PC zur Verfuegung
gestellt. Die Buerozeit ist im allgemeinen von 9 bis 17 Uhr.
Darryl
Browne ist ein kompetenter Jurist, der jederzeit gerne meine Fragen beantwortet
hat. Er ist ein sehr freundlicher und hoeflicher Mensch! Mr. Browne arbeitet
schwerpunktmaessig in den Bereichen Zivilrecht, Wirtschaftsrecht und
Arbeitsrecht und hat mich soweit es moeglich war in seine Arbeit eingebunden.
Dies bedeutet, dass ich regelmaessig an Mandantengespraechen teilnehmen und
vorab die Akten lesen durfte. Sehr gut war, dass ich mich in meinem
Interessengebiet der Mediation weiterbilden konnte, da dieser Bereich in
Australien schon laenger und mehr praktiziert wird als in Deutschland. Er ist
unter anderem als Mediator fuer die Law
Society New South Wales taetig ist. Er gab mir Hintergrundmaterial und
liess mich an einigen Mediationssitzungen mit Einverstaendnis der streitenden
Parteien teilnehmen. Bei einer Telefonkonferenz oblag es mir z.B. die
wichtigsten Punkte des Gespraechs fuer die Parteien festzuhalten. Auch sonst
wurden mir Faelle zur Bearbeitung uebertragen, d.h. ich musste
Mandantenschreiben oder aehnliches entwerfen.
Eine
in der Kanzlei angestellte Rechtsanwaeltin Deborah (“Debbie”) Henville arbeitet
schwerpunktmaessig im Erb- und Familienrecht. Ich durfte auch bei ihren
Mandantengespraechen anwesend sein, z.B. bei der Anfertigung von Testamenten.
Hierbei durfte ich als Zeuge die Dokumente zeichnen, da in Australien trotz
Erstellung durch einen Rechtsanwalt 2 Zeugen erforderlich sind.
Ansonsten hatte ich die Moeglichkeit mich durch das Lesen von Lehrbuechern in das australische Recht einzuarbeiten. Mr. Browne gab mir ein sehr empfehlenswertes Buch ueber “Bussiness Law”, welches vom allgemeinen Teil des BGB ueber Kaufrecht bis Arbeitsrecht reicht. Es beinhaltet zwar ca. 700 Seiten, jedoch hat es mir Spass gemacht es durchzuarbeiten.
Darueberhinaus
bestand regelmaessig die Moeglichkeit im 50 Kilometer entfernten Local Court der
Stadt Penrith (westlich von Sydney) an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen.
Diese beginnen meistens erst um 10 Uhr. Dort arbeitet Mrs Georgia Knight als
“Magistrate” (Amtsrichterin), welche frueher einmal in der Kanzlei als
Rechtsanwaeltin taetig war. Sie ist ebenfalls sehr freundlich und erklaerte mir
alles sehr gut. Im Gerichtssaal geht alles sehr steif und formal zu, jedoch in
den Pausen sprachen wir sehr locker, teilweise auch in deutsch. Ein Magistrate
ist sowohl fuer Strafrecht als auch fuer Familienrecht zustaendig. Im demselben
Gebauede befindet sich auch der District Court
(vergleichbar unserem Landgericht), wo es noch formaler zugeht als am
Einarbeitung / sprachliche
Kenntnisse:
Die
Einarbeitung bewerte ich als gut, auch wenn Mr. Browne nicht immer verfuegbar
war, da er ein sehr hohes Mandantenaufkommen hat und dementsprechend
beschaeftigt ist.
Schon
nach ca. 1 Woche hatte ich mich in das australische Englisch reingehoert und
konnte mich zumindest in einfachen Worten verstaendigen. Es empfiehlt sich
hinsichtlich der Juristensprache ein Woerterbuch mitzubringen, wobei ein
normales (z.B. Langenscheidt’s
Taschenwoerterbuch) voellig ausreicht. Viele der Begriffe sind dort
genannt. Die unbekannten Begriffe versteht man entweder als deutscher Jurist
aus dem Zusamnmenhang heraus oder man laesst sie sich eben erklaeren.
Unterkunft /
Freizeitaktivitaeten:
Ich
habe anfangs in der Jugendberberge (YHA
Katoomba) gewohnt, bis ich dann ueber das Leura Visitors Centre eine
Unterkunft vermittelt bekam. Ich wohnte bei einem netten Ehepaar in einem extra
Haeuschen, welches “The Nook” heisst. Bilder und genauere Angaben gibt es im
Internet auf www.jochen-birk.de/aussie/unterkunft.html.
Die
Blue Mountains bieten dabei vielfaeltige Moeglichkeiten in der Natur. Wenn man
nicht nach Sydney fahren moechte, kann man in den Bergen Bushwalk machen,
klettern, Hoehlen besichtigen oder sich einfach die wundervolle Landschaft mit
dem Auto anschauen. Katoomba ist touristisch ausgerichtet und bietet daher
trotz seiner geringen Einwohnerzahl eine gute Infrastruktur. Man findet dort
z.B. einen grossen Supermarkt, Restaurants und Hotels, eine Jugendherberge,
eine Post, eine Waescherei / Reinigung (nette Leute, Lovel Street) oder auch
ein Schwimmbad mit Sauna (wobei letzteres nach dem englischen Modell
funktioniert, d.h. mit Badesachen an!). Zur Info ueber die Gegend empfiehlt
sich ein Blick in diverse Internet-Seiten (z.B. www.bluemountainstourism.org.au)
bzw. zur allgemeinen Vorbereitung auf die Seite www.australien-info.de!
Ich
hatte mir fuer die Zeit in Australien ein Auto gekauft. Es empfiehlt sich ein
sog. Buyback-Angebot zu nehmen, d.h. der Haendler bietet schon beim Kauf einen
garantierten Rueckkaufpreis am Ende des Aufenthalts. Ich habe gute Erfahrungen
mit Gary Muhlheim gemacht, der als Betreiber der Homepage www.campervanman.com.au in
Sydney taetig ist. Er ist geborener Schweizer, lebt aber schon seit 30 Jahren
in Australien. Er machte mir ein gutes Angebot fuer einen Ford Falcon, ein
riesiger Kombi (gut geegnet fuer groessere Reisen!) und ist sehr nett. Der
Wagen war bei Uebergabe frisch in der Inspektion und lief tadellos.
Als
Zahlungsmittel empfiehlt sich eine Kreditkarte (VISA oder Mastercard), wobei
auch oft bei kleineren Dingen Bargeld benoetigt wird. Bargeld bekommt man bei
groesseren Banken auch mit der EC-Karte einer deutschen Bank, wobei hier die
Gebuehren niedriger sind als mit Kreditkarte!
Insgesamt
habe ich den Aufenthalt sehr genossen und bin sowohl beruflich als auch
persoenlich ein gutes Stueck weitergekommen.
Fuer
Rueckfragen stehe ich gerne zur Verfuegung.
Stand: 26.8.2002